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Lou Andreas-Salomé – Stimme einer freien Denkerin

Veranstaltungsreihe zu ihrem Werk und Denken in Straßburg und Kehl, Saison 2025/26

Die Veranstaltungsreihe des Straßburger Verein À livre ouvert / Wie ein offenes Buch in Kooperation mit dem Historischen Verein Kehl widmet sich in der Saison 2025/26 dem Werk der deutschsprachigen Intellektuellen russischer Herkunft. Lou Andreas-Salomé, Philosophin, Schriftstellerin, Psychoanalytikerin und freie Denkerin – hat ihre Zeit durch Klarheit und Unabhängigkeit geprägt, wurde jedoch allzu oft auf ihre Beziehungen zu Nietzsche, Rilke oder Freud reduziert.

Die Veranstaltungsreihe, in enger Kooperation mit der Strasburger Philosophin und Übersetzerin Ondine Arnould konzipiert, möchte dieser einzigartigen Stimme ihren Platz zurückgeben und das Publikum dazu einladen, ein noch immer viel zu unbekanntes Werk (neu) zu entdecken.

Im Laufe der Saison werden verschiedene Formate – Filmvorführungen, Vorträge, literarische Begegnungen und musikalische Lesungen – die großen Themenfelder beleuchten, die Lou Andreas-Salomé bearbeitet hat: Literatur und Übersetzung, Psychoanalyse und Philosophie, Fragen zur Weiblichkeit und dem künstlerischem Schaffen. Diese Veranstaltungen, in Kooperation mit dem Historischen Verein Kehl, 100% Mensch, dem Institut culturel français Stuttgart, der Theaterwelt Kehl sowie der BNU, l’Orée 85 und Relatio (Bibliothèques idéales), bringen Forschende, Übersetzerinnen und Künstler:innen in den Dialog und holen Salomé aus der Vergessenheit und universitären Fachkreisen heraus und machen ihre Stimme auf beiden Seiten des Rheins hörbar.

Termin in Kehl: Lou Andreas-Salomé, Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke: die Kunst des Schaffens, Samstag, 21. März 2026 – Kulturhaus Kehl

Alle Veranstaltungen im Rahmen dieser Reihe sind bilingual. Französische Beiträge von Wissenschaftler.innen und Textbeiträge werden nicht systematisch übersetzt.

Programm:

Lou Andreas-Salomé übersetzen: ein gelebter Kosmopolitismus

Runder Tisch im Rahmen der Strasburger Übersetzertage

Sonntag, 11. Oktober, 15 Uhr, Lieu de l’Europe, Strasbourg

Salomé wiederentdecken – aber in welcher Sprache? Die Intellektuelle schrieb überwiegend auf Deutsch, wenn auch auf eine ganz eigene Weise: Ihr fließender Schreibstil scheint von ihrem Kosmopolitismus geprägt zu sein, durch eine im Grunde synkretische deutsche Sprache, die verschiedene kulturelle Einflüsse miteinander verwebt. So verbindet Salomé etwa – ähnlich wie Novalis – das Sakrale mit dem positivistischen Jargon. Darüber hinaus entfaltet sich ihre bildhafte Sprache durch Neologismen und komplexe grammatische Strukturen.

Wie lässt sich diese Komplexität ins Französische übertragen? Hinzu kommt die Schwierigkeit des zentralen Themas, dem sich die Denkerin widmet: die Neubewertung – und damit auch der Versuch einer Definition – des Weiblichen als notwendige Grundlage der Menschheit. Gerade hierin liegt eine der größten Herausforderungen für Übersetzungen – die Werke der Autorin sind sowohl in literarischer als auch in theoretischer Form häufig schwer zugänglich. Ein Beispiel dafür ist, dass „Mensch“ im Französischen meist mit „homme“ übersetzt wird, was zahlreiche Missverständnisse nach sich zieht. Salomé zu verstehen bedeutet für das französische Lesepublikum daher, die Übersetzung ihrer eigentümlichen Sprache immer wieder neu zu befragen.

Aline Martin und Jennifer Rottstegge lesen Auszüge aus dem Werk von Salomé. Ondine Arnould, Philosophin und Germanistin, und Lucile Vuillemin, Übersetzerin, diskutieren.

Lou Andreas-Salomé, Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke: die Kunst des Schaffens

Podiumsdiskussion und szenisch-musikalische Lesung

Samstag, 21. März 2026, Kulturhaus Kehl

Eines der zentralen Anliegen von Lou Andreas-Salomé – sowohl in ihrem Leben als auch in ihren theoretischen Schriften – ist die Schöpfung an der Schnittstelle von Körper, Heiligem und Kunst. Dem Weiblichen kommt dabei eine bedeutende, nicht immer eindeutige Rolle zu. Trotz ihres umfangreichen Werkes sind gerade die Aspekte von Kunst und Ästhetik bislang am wenigsten übersetzt und erforscht.

Mit dieser Veranstaltung möchten wir Salomé eine Stimme geben und sie zugleich in die fruchtbaren Beziehungen einordnen, die sie zu diesem Thema pflegte: in ihrer frühen Begegnung mit Friedrich Nietzsche und später mit dem Dichter Rainer Maria Rilke. Im Sinne des Themas verbindet das Ensemble von À livre ouvert / Wie ein offenes Buch theoretische Einblicke mit eigenem schöpferischem Tun, wodurch Salomé und ihre introspektiven Zugänge erfahrbar werden.

Mitwirkende: Ondine Arnould (Germanistin und Philosophin), Arthur Hannoun (Wissenschaftler für Philosophie und Germanistik), Esa Christine Hartmann (Germanistin), Anne-Catherin Kaiser (Pianistin), Aline Martin und Jennifer Rottstegge (Darstellerinnen)

Lou Andreas-Salomé und die Psychoanalyse: eine Freundschaft mit dem ›Inneren‹

Podiumsdiskussion mit Textlesungen und anschließender szenischer Lesung

Samstag, 11. April 2026, in der Mediathek Neudorf, Straßburg

In ihrem intensiven Studium und ihrer lebenslangen Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse begegnete Lou Andreas-Salomé Sigmund Freud – eine Begegnung, die den Ton einer besonderen Beziehung anschlug: die der häretischen Schülerin mit unerschütterlicher Loyalität. Doch ihr Gedanke des „Narzissmus als Doppelrichtung“ blieb weitgehend unbeachtet; am bekanntesten ist bis heute ihr „Offener Brief an Freud“ als Huldigung an den Vater der Psychoanalyse.

Ein weniger bekannter psychoanalytischer Faden bei Salomé zeigt sich in ihrer Freundschaft mit Anna Freud, getragen von einer reichen Korrespondenz, in der Selbstprojektion in die Andere spürbar wird. Weniger theoretisch als vielmehr praktisch-therapeutisch offenbart sich hier eine weibliche Freundschaft von großer Intensität, die in den Lesungen, der Podiumsdiskussion und im Theaterstück zum Klingen gebracht wird.

Mitwirkende: Ondine Arnould (Germanistin und Philosophin), Arthur Hannoun (Wissenschaftler für Philosophie und Germanistik), Laurie Laufer (Psychoanalytikerin), Aline Martin und Jennifer Rottstegge (Darstellerinnen)