Grenzüberschreibungen – eine ungewöhnliche Neuerscheinung oder: Was hat Goethe über Kehl geschrieben?
Dr. Stefan Woltersdorff
Stefan Woltersdorff ist promovierter Literaturwissenschaftler, preisgekrönter Buchautor und nach EU-Norm (EN 15565) zertifizierter Gästeführer mit Lizenzen für Frankreich und Deutschland. Er ist Vorsitzender der Kehler Gästeführer e. V. und Mitglied im BVGD.
Anlässlich der Verleihung des Lion-Feuchtwanger-Preises für Historische Prosa hat der Historiker Dieter Langewiesche vor Kurzem über den Wert der Dichtung für die geschichtliche Forschung referiert. Das Thema drängt sich auf, seit Oral History, die Befragung von Zeitzeugen, in der Geschichtsforschung verbreitet ist. Die literaturgeschichtliche Auswertung von Dichtung hat der Oral History voraus, dass sie die Empfindungen und Erkenntnisse von Personen wiedergibt, deren Herkunft und Umfeld wir in der Regel kennen oder zumindest leicht ermitteln können.
In den „Grenzüberschreibungen“ entwirft der Literaturwissenschaftler Stefan Woltersdorff mit Hilfe der Dichtung ein einzigartiges Bild deutsch-französischer Geschichte in der Grenzregion Elsass-Mittelbaden. Es umfasst die Zeit vom 1. Jahrhundert v.Chr. bis 1815.
Ohne die Rheingrenze gäbe es beide Städte nicht: Nicht Straßburg, das von den Römern zur Sicherung dieser Grenze angelegt wurde. Und auch nicht Kehl, das als Brückenkopf zu deren Überwindung entstand. Erst durch Fähren, später durch Brücken aus Holz, Stahl, Stein und Beton. Hören Sie auch von anderen Brücken, solchen aus Worten und Texten. In seinem neuesten Buch erfahren Sie von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die die Grenze immer wieder aufs Neue »überschrieben« haben. Das Ergebnis ist eine kleine Literaturgeschichte, in der sich das große Auf und Ab der deutsch-französischen Beziehungen spiegelt. (Erschienen beim St. Ingbert: Conte Verlag, 2024)